Chambers Global 2021 The Legal 500 Who's Who Legal Thought Leaders Arbitration 2021 Who's Who Legal 2019 Client Choice winner 2016 Expert Guides

Publikationen

Nicht entschieden oder nicht gehört?

Der vor­liegende Entscheid verge­gen­wär­tigt die Prax­is der stren­gen Rügepflicht im Beschw­erde­v­er­fahren. Er illus­tri­ert zudem prak­tisch die bei der Anfech­tung von Schied­sentschei­den notwendi­ge Abgren­zung der Rüge nicht beurteil­ter Rechts­begehren (Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG, «infra peti­ta») von der Rüge der rechtlichen Gehörsver­let­zung (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG).

Kom­men­tar von Simon Gabriel zu Urteil 4A_218/2015 vom 28. Okto­ber 2015 

Sachver­halt

[1] Nach dem Tod des Erblassers Y ent­stand ein Stre­it unter seinen Erben: Seine Tochter X ein­er­seits (Beklagte im Schiedsver­fahren und Beschw­erdegeg­ner­in im bun­des­gerichtlichen Beschw­erde­v­er­fahren; «Frau X») und seine Ehe­frau sowie seine drei Söhne ander­er­seits (Kläger im Schiedsver­fahren und Beschw­erde­führer im bun­des­gerichtlichen Beschw­erde­v­er­fahren; «Beschw­erde­führer») waren über die Erb­fol­gen uneinig.

[2] In ein­er ausserg­erichtlichen Vere­in­barung vom 8. März 2011 («Vere­in­barung») einigten sich Frau X und die Beschw­erde­führer auf die Verteilung des Nach­lass­es von Y. Für allfäl­lige Stre­it­igkeit­en aus der Vere­in­barung vere­in­barten sie die Zuständigkeit eines Schieds­gerichts mit Sitz in Genf (E. A). Art. 11.1 der Vere­in­barung bes­timmte, dass bei einem (teil­weisen) Nichtvol­lzug der Vere­in­barung die fehlbare Partei eine Kon­ven­tion­al­strafe zu entricht­en habe. Die gle­iche Kon­ven­tion­al­strafe wurde vere­in­bart, falls sich eine der Parteien an das Schieds­gericht wen­den und im Schiedsver­fahren unter­liegen würde. Nach Art. 11.2 der Vere­in­barung durfte die so geschädigte Partei sowohl den Vol­lzug der Vere­in­barung als auch die Bezahlung der Kon­ven­tion­al­strafe ver­lan­gen (E. 3.2).

[3] Am 9. Jan­u­ar 2012 wider­rief Frau X die Vere­in­barung teil­weise. Die Beschw­erde­führer ihrer­seits erk­lärten die Vere­in­barung am 7. März 2012 für ungültig (E. A).

[4] Am 6. März 2013 leit­eten die Beschw­erde­führer ein Schiedsver­fahren gegen Frau X beim Cham­bre de com­merce, d’industrie et des ser­vices de Genève («CCIG») ein (E. B).

[5] Die Beschw­erde­führer beantragten vor dem Schieds­gericht (i) Fest­stel­lung, dass sie die Vere­in­barung am 7. März 2012 rück­wirk­end per 8. März 2011 rechts­gültig für ungültig erk­lärt hat­ten, (ii) Verpflich­tung zur Rück­zahlung ein­er bes­timmten Summe an den Nach­lass durch Frau X und (iii) Verpflich­tung von Frau X zur Zahlung ein­er weit­eren Summe an die Beschw­erde­führer. Even­tu­aliter beantragten sie (i) Fest­stel­lung der Nichtigkeit einzel­ner Vere­in­barungsklauseln (ins­beson­dere des Art. 11), sowie (ii) Bezahlung der gle­ichen Sum­men durch Frau X wie in den Haupt­begehren. Subeven­tu­aliter forderten die Beschw­erde­führer das im Haupt­begehren und im Even­tu­al­begehren Beantragte mit dem Unter­schied, dass Geldleis­tun­gen in Schweiz­er Franken anstelle von Euro ver­langt wur­den (E. B).

[6] Frau X beantragte im Schiedsver­fahren die Abweisung der Klage und ver­langte widerk­lageweise (i) sol­i­darische Verurteilung der Beschw­erde­führer zur Zahlung ein­er Kon­ven­tion­al­strafe zuzüglich 5% Zins ab 9. Jan­u­ar 2012, (ii) Fest­stel­lung der Gültigkeit des Vere­in­barungswider­rufs, sowie (iii) Verpflich­tung der Beschw­erde­führer, eine am 24. Okto­ber 2013 ein­geleit­ete Klage vor dem staatlichen Gericht zurück­zuziehen (ver­bun­den mit ein­er Busse für jeden Tag der Ver­let­zung dieser Pflicht; E. B). Die Beschw­erde­führer beantragten im Schiedsver­fahren Nichtein­treten auf die Widerk­lage und even­tu­aliter deren Abweisung (E. B).

[7] Mit Schied­sentscheid vom 19. März 2015 wies das Schieds­gericht sämtliche Rechts­begehren der Beschw­erde­führer ab. Die Widerk­lage hiess es teil­weise gut und verpflichtete die Beschw­erde­führer sol­i­darisch, eine bes­timmte Summe in Euro an Frau X zu bezahlen (als Kon­ven­tion­al­strafe gestützt auf Art. 11 der Vere­in­barung, vgl. E. 2.2). Alle übri­gen Anträge der Widerk­lage wur­den durch das Schieds­gericht abgewiesen (E. B).

[8] Die Beschw­erde­führer gelangten mit Beschw­erde in Zivil­sachen an das Bun­des­gericht und beantragten die Aufhe­bung des Schied­surteils wegen Ver­let­zung von Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG (infra und ultra peti­ta Rügen). Frau X beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Entscheid

[9] Das Bun­des­gericht befasste sich mit der infra peti­ta (E. 2) und der ultra peti­ta Rüge (E. 3) je einzeln:

[10] Die Rüge der infra peti­ta begrün­de­ten die Beschw­erde­führer mit dem Vor­wurf, das Schieds­gericht habe in seinem Entscheid ihre Even­tu­al­begehren nicht behan­delt, indem es die Nichtigkeit einzel­ner Klauseln der Vere­in­barung nicht geprüft habe.

[11] In diesem Zusam­men­hang führte das Bun­des­gericht aus, unbeurteilte Rechts­begehren im Sinne von Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG stell­ten eine formelle Rechtsver­weigerung dar. Diese Rüge sei aus Art. 36 lit. c des Konko­r­dats über die Schieds­gerichts­barkeit über­nom­men wor­den. Unter «Rechts­begehren» seien die Anträge («deman­des») oder Begehren («con­clu­sions») der Parteien zu ver­ste­hen. Von dieser Rüge seien dem­nach unvoll­ständi­ge Schied­sentschei­de erfasst, namentlich wenn das Schieds­gericht einen ihm unter­bre­it­eten Antrag nicht entsch­ieden habe. Hat das Schieds­gericht generell sämtliche anderen oder weit­eren Begehren der Parteien im Entschei­d­dis­pos­i­tiv abgewiesen, ist eine infra peti­ta Rüge gemäss Bun­des­gericht unbe­grün­det. Auch könne in diesem Fall nicht gel­tend gemacht wer­den, das Schieds­gericht habe eine für die Lösung des Rechtsstre­its wichtige Frage unbeurteilt gelassen (E. 2.1 mit Hin­weis auf BGE 128 III 234 E. 4a).

[12] Das Bun­des­gericht führte sodann zum konkreten Fall aus, die Vorin­stanz habe formell alle Rechts­begehren der Beschw­erde­führer abgewiesen. Bei der Rüge, der Schied­sentscheid befasse sich nicht mit der teil­weisen Nichtigkeit der Vere­in­barung, gehe es materiell nicht um eine infra peti­ta Rüge, son­dern vielmehr um die Rüge ein­er Gehörsver­let­zung (E. 2.2 mit Hin­weis auf BGE 133 III 235 E. 5.2). Eine Gehörsver­let­zung sei vor Bun­des­gericht jedoch nicht gerügt wor­den und sei daher nicht zu hören. Zudem habe das Schieds­gericht die Gültigkeit der im Even­tu­al­begehren erwäh­n­ten Klauseln impliz­it im Schied­sentscheid fest­ge­hal­ten, so ins­beson­dere die Gültigkeit von Art. 11 der Vere­in­barung. Namentlich stützte es seinen Entscheid betr­e­f­fend Kon­ven­tion­al­strafe exakt auf diese Klausel.

[13] In der Kon­se­quenz erachtete das Bun­des­gericht die Rüge ein­er Entschei­dung infra peti­ta nach Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG als unbegründet.

[14] Mit ihrer ultra peti­ta-Rüge erhoben die Beschw­erde­führer den Vor­wurf, das Schieds­gericht sei über ein Rechts­begehren von Frau X hin­aus­ge­gan­gen (E. 3).

[15] Die Beschw­erde­führer macht­en konkret gel­tend, Frau X habe im Rechts­begehren der Widerk­lageschrift betr­e­f­fend Kon­ven­tion­al­strafe (vgl. Art. 11 der Vere­in­barung) den 9. Jan­u­ar 2012 als Datum für den Beginn der Zin­szahlungspflicht genan­nt. Dieses Rechts­begehren könne daher nur so aus­gelegt wer­den, dass es lediglich Ver­let­zun­gen von Art. 11 der Vere­in­barung erfasse, welche vor dem 9. Jan­u­ar 2012 stattge­fun­den haben. Eine entsprechende Ver­let­zung vor dem 9. Jan­u­ar 2012 sei jedoch man­gels hin­re­ichen­der Beweis­mit­tel durch das Schieds­gericht ger­ade nicht bestätigt wor­den. Nach Ansicht der Beschw­erde­führer erfasste das Rechts­begehren jedoch nicht allfäl­lige Ver­let­zun­gen von Art. 11 der Vere­in­barung, welche nach dem 9. Jan­u­ar 2012 stattge­fun­den hat­ten. Das Rechts­begehren beziehe sich damit ger­ade nicht auf ange­bliche Ver­let­zun­gen von Art. 11 durch (i) Ein­leitung eines staatlichen Ver­fahrens (24. Okto­ber 2013) und (ii) durch Unter­liegen im Schiedsver­fahren (Datum des Schied­sentschei­ds: 19. März 2015). Die Verurteilung zur Zahlung ein­er Kon­ven­tion­al­strafe auf­grund dieser bei­den (vom Recht­begehren nicht erfassten) Ver­let­zun­gen im Schied­sentscheid, stelle daher eine Entschei­dung ultra peti­ta dar (E. 3.2).

[16] Das Bun­des­gericht ver­wies auf die bish­erige Recht­sprechung, wonach Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG angerufen wer­den könne, wenn in einem Schied­sentscheid mehr oder etwas anderes zuge­sprochen werde, als beantragt. Es liege jedoch keine Entschei­dung ultra peti­ta vor, wenn der Anspruch in rechtlich­er Hin­sicht ganz oder teil­weise abwe­ichend von den Begrün­dun­gen der Parteien gewürdigt werde, sofern er vom Rechts­begehren gedeckt sei. Eben­falls liege keine Entschei­dung ultra peti­ta vor, wenn bei ein­er neg­a­tiv­en Fest­stel­lungsklage im Entschei­d­dis­pos­i­tiv an Stelle ein­er Klage­ab­weisung die Exis­tenz eines bestrit­te­nen Rechtsver­hält­niss­es fest­ge­hal­ten werde. Das Prinzip né eat iudex ultra peti­ta par­tium werde auch dann nicht ver­let­zt, wenn ein Rechts­begehren rechtlich anders qual­i­fiziert werde, als von den Parteien vorge­bracht. Der Grund­satz iura novit curia, welch­er auch im Schiedsver­fahren Anwen­dung finde, verpflichte das Schieds­gericht, das Recht von Amtes wegen anzuwen­den, ohne sich auf die Begrün­dung der Parteien zu beschränken. Dies bedeute, die Tat­sachen des Fall­es rechtlich neu zu qual­i­fizieren und ger­ade nicht, etwas anderes, als ver­langt wurde, zuzus­prechen (E. 3.1 mit Hin­weis auf Urteil des Bun­des­gerichts 4A_709/2014 vom 21. Mai 2015 E. 4.1).

[17] Zum konkreten Fall ver­wies das Bun­des­gericht auf Art. 11.1 und 11.2 der Vere­in­barung sowie auf Zif­fer 1 der Rechts­begehren in der Widerk­lageschrift, worin Frau X die Zahlung ein­er Kon­ven­tion­al­strafe sol­i­darisch durch die Beschw­erde­führer zuzüglich 5% Zins seit dem 9. Jan­u­ar 2012 beantragt hat­te. Es ver­wies eben­falls auf das Entschei­d­dis­pos­i­tiv des Schieds­gerichts, in welchem das Schieds­gericht die Beschw­erde­führer sol­i­darisch verpflichtet habe, eine bes­timmte Summe in Euro zu bezahlen. Das Bun­des­gericht hielt fest, dass das Schieds­gericht im Rah­men der von Frau X gestell­ten Rechts­begehren geblieben sei. Die vom Schieds­gericht zuge­sproch­ene Summe sei klein­er, als die von Frau X beantragte Summe und es wurde zudem keine Zin­szahlung zuge­sprochen. Das Bun­des­gericht befand zudem, dass aus dem Wort­laut der Widerk­lageschrift nicht her­vorge­he, dass Frau X ihre Begehren im Sinne der Ausle­gung der Beschw­erde­führer beschränk­te. Vielmehr gehe aus der let­zten Rechtss­chrift von Frau X genau das Gegen­teil her­vor (E. 3.2).

[18] Im Ergeb­nis erachtete das Bun­des­gericht auch die Rüge ein­er Entschei­dung ultra peti­ta nach Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG als unbegründet.

Kom­men­tar

[19] Der vor­liegende Entscheid des Bun­des­gerichts lädt zu drei kurzen und prak­tisch rel­e­van­ten Kom­mentaren ein:

[20] Erstens unter­stre­icht der Entscheid die strenge Rügepflicht bei der Schieds­beschw­erde nach Art. 190 Abs. 2 IPRG in Verbindung mit Art. 77 Abs. 3 BGG (Klett in: Basler Kom­men­tar zum Bun­des­gerichts­ge­setz, 2. Aufl., Basel 2011, N 8 zu Art. 77 BGG): Die Beschw­erde­führer haben klar gemacht, dass sie die fehlende Beurteilung einzel­ner Klauseln der Vere­in­barung auf deren behauptete Nichtigkeit hin rügen. Zu diesem Zweck haben sie allerd­ings nur die Rüge nach Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG (infra peti­ta) vorgetragen.
[21] Das Bun­des­gericht kam zum Schluss, dass auf­grund der voll­ständi­gen Abweisung aller Rechts­begehren der Beschw­erde­führer im Schied­sentscheid keine infra peti­ta Kon­stel­la­tion vor­liegen könne. Wenn über­haupt, kön­nte es sich gemäss Bun­des­gericht höch­stens um eine Ver­let­zung des rechtlichen Gehörs han­deln. Eine solche wurde jedoch nicht aus­drück­lich gerügt und wurde daher vom Bun­des­gericht auch nicht geprüft (E. 2.2). Die unterbliebene Prü­fung ist die Kon­se­quenz der stren­gen Rügepflicht nach Art. 77 Abs. 3 BGG.

[22] Um der infra peti­ta-Rüge vorzubeu­gen, weisen Schieds­gerichte in der Prax­is oft am Ende des Entschei­d­dis­pos­i­tivs «alle weit­eren Begehren der Parteien» ab.

[23] Zweit­ens stellt sich die – wie gese­hen – rel­e­vante Frage nach der kor­rek­ten Abgren­zung zwis­chen der infra peti­ta Rüge und der Rüge ein­er Gehörsver­let­zung: Das Bun­des­gericht wen­det strikt formelle Kri­te­rien an, was im Sinne der Rechtssicher­heit zu begrüssen ist: Die infra peti­ta Rüge zielt auf einen Ver­gle­ich zwis­chen den formellen Rechts­begehren ein­er Partei und dem Urteils­dis­pos­i­tiv. Nur wenn ein formelles Rechts­begehren im Urteils­dis­pos­i­tiv unbeurteilt bleibt, liegt ein Entscheid infra peti­ta vor.

[24] Die Rüge der Gehörsver­let­zung zielt demge­genüber auf die Frage, ob eine Partei zum rel­e­van­ten Parteivor­trag zuge­lassen und dieser vom Schieds­gericht gehört wurde. Typ­is­cher­weise spricht das Bun­des­gericht vom Recht der Parteien, sich über alle für das Urteil wesentlichen Tat­sachen zu äussern, ihren Rechts­stand­punkt zu vertreten, ihre entschei­d­wesentlichen Sachvor­brin­gen mit tauglichen sowie rechtzeit­ig und form­richtig offerierten Mit­teln zu beweisen, sich an den Ver­hand­lun­gen zu beteili­gen und in die Akten Ein­sicht zu nehmen. Eine umfassende Begrün­dungspflicht beste­ht hinge­gen für inter­na­tionale Schied­sentschei­de nicht (Urteil des Bun­des­gerichts 4A_684/2014 vom 2. Juli 2015 E. 4.2; Gabriel, Schied­sentscheid extra peti­ta wegen US-Dol­lar statt Euro?, in: dRSK, pub­liziert am 21. Okto­ber 2015, Rz. 29 ff.).

[25] Die Abgren­zung sollte nach dem vor­liegen­den Entscheid und dem Gesagten prak­tik­a­bel sein. Im Zweifel bleibt es Prak­tik­ern gle­ichzeit­ig unbenom­men, bei­de Rügen aus­drück­lich und begrün­det vorzu­tra­gen. Das dop­pelt genähte Vorge­hen erscheint immer noch ele­gan­ter, als die Beschw­erde­ab­weisung hinzunehmen, weil die falsche Rüge gewählt wurde.

[26] Drit­tens stellt sich die Frage, ob es bei der ultra peti­ta Rüge allein auf den Wort­laut der Rechts­begehren ankommt oder ob weit­erge­hende Gesicht­spunk­te Berück­sich­ti­gung find­en kön­nen: Die Beschw­erde­führer hat­ten die ultra peti­ta Rüge mit einem beson­ders sub­tilen Argu­ment zur Ausle­gung der geg­ner­ischen Rechts­begehren erhoben (vgl. oben, Rz. 15). Rein logisch mag das Argu­ment aufge­hen. Gle­ichzeit­ig lässt es die wiederum strikt formelle Anwen­dung des ultra peti­ta Grund­satzes durch das Bun­des­gericht auss­er Acht: Solange sich das Entschei­d­dis­pos­i­tiv betrags- und währungsmäs­sig inner­halb der Rechts­begehren bewegt, liegt kein Entscheid ultra peti­ta vor (Gabriel, Schied­sentscheid extra peti­ta wegen US-Dol­lar statt Euro?, in: dRSK, pub­liziert am 21. Okto­ber 2015, Rz. 18).

[27] Die rechtliche Würdi­gung ste­ht dem Schieds­gericht zudem (inner­halb der Gren­zen des Über­raschungsver­bots) gemäss dem Grund­satz iura novit curia frei. Selb­st wenn Frau X tat­säch­lich eine rechtlich wider­sprüch­liche Posi­tion betr­e­f­fend Haupt­begehren und Zins­forderung vertreten hätte, dürfte das Schieds­gericht sein­er eige­nen (richti­gen) rechtlichen Würdi­gung des erstell­ten Sachver­halts fol­gen, solange es im Rah­men der Rechts­begehren urteilt.

[28] Der vor­liegende Entscheid ist im Resul­tat keine Über­raschung. Er ist gle­ichzeit­ig hil­fre­ich, um sich die Kon­se­quen­zen der stren­gen Rügepflicht und die Abgren­zung zwis­chen den Rügen der infra peti­ta und des rechtlichen Gehörs zu vergegenwärtigen.

Zitier­vorschlag:
Simon Gabriel, Nicht entsch­ieden oder nicht gehört?, in: dRSK, pub­liziert am 16. März 2016